Reisebericht Asir - Empty Quarter

 
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Reise durch das Asir-Gebirge nach Najran und zum Empty Quarter im März 2005

Um 6:45 Uhr, wieder einmal später, als geplant starten wir unsere Reise.

Wir haben eine lange Fahrt vor uns, denn nach den weniger erbaulichen Erfahrungen, die wir auf unserer letzten Reise im Palace Hotel in Al Baha gemacht haben, sind wir entschlossen, den geplanten Zwischenstopp dort zu streichen und die Strecke bis Abha heute in einem Stück durchzufahren. So heißt es heute also Kilometer zu schrubben – da muss unser driver durch, ich werde ihn nicht ablösen!

 

Nach einer knappen Stunde Fahrzeit erreichen wir den für Nichtmoslems obligatorischen Mekka-Bypass. Rechtzeitig, bevor wir uns der Stinkoase von Mekka nähern, sorgt Leon dafür, dass alle Luken am Auto geschlossen werden. Was sich optisch im schönsten Grün präsentiert, ist doch ein Affront für die Nase, der lange nachwirkt.

Nach einer weiteren Stunde haben wir uns über die Serpentinen auf die Höhe von 1880 Metern hochgearbeitet. Es ist wieder angenehm kühl. Die Klimaanlage des Autos hat von nun an einmal Pause.

Die Fahrt durch Taif ist wie immer nervig, obwohl uns die Strecke von unserer letzten Tour noch vertraut ist. Jedes mal aufs Neue frage ich mich, was die Leute wohl an dieser Stadt reizt - ich kann hier nichts Schönes finden.  

Da wir den ersten Teil unserer Route erst kürzlich gefahren sind, können wir uns die „Tourist Road“ nach Baha heute sparen und die etwas kürzere und besser ausgebaute direkte Strecke fahren.

Auf einer durchschnittlichen Höhe von 1500 Metern lässt man die Berggipfel rechts liegen. Entlang der Straße reihen sich immer wieder zahlreiche Autowerkstätten und Tankstellen – Ortschaften ohne Namen.

Etwa 40 Kilometer vor Baha windet sich die Straße auf 2000 Meter Höhe. Zahllose schwer beladene Sandlaster quälen sich den Berg hinauf und fordern zu Überholmanövern an den verwegensten Stellen heraus. Alhamdullilah – es gibt nur wenig Gegenverkehr.

Nach 425 Kilometern haben wir Baha hinter uns gelassen. Vor uns liegen weitere 300 Kilometer durch fruchtbares Bergland.

Die Beduinen im Auto hinter uns haben es offenbar sehr eilig und begnügen sich nicht damit, uns zu überholen. Sie nehmen es auch noch mit dem vor uns fahrenden Polizeiauto auf, ungeachtet der Tatsache, dass an dieser Stelle eine doppelt durchgezogene Mittellinie Überholverbot anzeigt. Mutig, wie wir finden, doch die Polizisten nehmen von dem Geschehen keine Notiz. Schließlich ist es Mittagszeit, gleich beginnt das Gebet.  

Je mehr wir uns Abha nähern, umso gebirgiger wird die Strecke. Der Höhenmesser in unserem Auto zeigt zwischenzeitlich 2560 Meter. Unter 2000 Meter sinkt die Anzeige nun nicht mehr. Hält man sich die Nähe zum Meer vor Augen, gewinnt die Höhe, auf der wir uns hier bewegen noch mehr an Faszination.

Die Hänge rechts und links der Straße sind in Terrassenfeldern kultiviert, dazwischen Wohnhäuser in zum Teil sehr verwegener Farbgebung.

Nach fast 12 Stunden Fahrzeit und 786 Kilometern erreichen wir endlich Abha.

Auch hier sind Straßennamen und Wegweiser einzig in arabischer Schrift gehalten. Das ist wieder einmal wenig hilfreich für uns, obwohl wir sogar über einen Stadtplan verfügen. Schließlich treffen wir noch rechtzeitig vor dem Abendgebet am Markt ein, aber der Basketsouq ist nicht aufzufinden.

Erfreulich gut werden wir in unserem Hotel „The Trident“ in der Nachbarstadt Khamis Mushayt empfangen. Endlich gibt es mal ein Check In im Hotel ohne Ärger und Reklamationen. Es gibt sogar einen Begrüßungs-Drink.

 

 

Heute ist Markttag in Abha. Wir versuchen erneut unser Glück mit der Suche des Basketsouqs. Die Beschreibung des netten Herrn an der Rezeption des Hotels hat uns leider nicht ganz zum Ziel geführt. Als wir - eskortiert von einem hilfsbereiten Araber – endlich den Dienstagsmarkt und das Asir Tourist Board erreichen sind wir zunächst am Ziel unserer Suche. Allerdings müssen wir auf die erhoffte Hilfe und Information durch das Tourist Board verzichten. Unglaublich ist diese organisierte Inkompetenz, die uns hier begegnet. Der zweifelsohne freundliche und wahrlich nicht überarbeitete Angestellte kann uns leider nicht sagen, wo der Basketsouq in der Stadt ist. Den von seiner Behörde herausgegebenen Stadtplan kann er sowieso nicht lesen, dafür offensichtlich die Zeitung, das einzige Schriftstück, das auf seinem Schreibtisch liegt.

So schauen wir uns erst einmal den Wochenmarkt an, der heute hier ist. Beim Rundgang stellen wir schnell fest, dass hier an vielen Ständen lokale kunsthandwerkliche Dinge, wie Körbe, Tontöpfe, Tücher und bestickte Kleider von Frauen feilgeboten werden. Bald kommen wir zu dem Schluss, dass wir hier wohl den gesuchten Basketsouq unbemerkt gefunden haben. Neben den genannten Ständen, die hier täglich ihre Waren zum Kauf anbieten, gibt es viele Händler, ohne festen Stand, die nur an Dienstagen hier verkaufen. Zu deren Angebot gehören Obst und Gemüse ebenso, wie Kleidung, Krummdolche und Ziegenhäute mit Milch gefüllt. Viele Fotomotive bieten sich hier, doch ganz unverhohlen wage ich mich doch nicht, die Kamera zu zücken. Schließlich übernimmt mein Mann den Job, einige Männer um die Erlaubnis zu bitten, sie zu fotografieren. Zufrieden ziehen wir mit unseren Einkäufen weiter. Ein kleines Museum mit allerhand Krempel und Fotos aus der Region bietet uns die Gelegenheit, ein Mudhouse von innen zu bewundern. Über die hohen Stufen erklimmen wir Etage für Etage und müssen beim Eintreten in die Räume sehr auf unsere Köpfe achten. Die Menschen scheinen hier früher sehr klein gewesen zu sein.

Auf dem Weg nach Habala wollen wir gerne noch den Asir National Park Visitor Center aufsuchen, um dort etwas Informationen über Flora und Fauna der Region zu bekommen. Leider ist der gesamte Komplex aus unerklärlichen Gründen geschlossen. Auch der Pförtner am Tor kann uns keine Auskunft darüber geben, warum der Center zu ist, oder wann er wieder öffnet.

So nutzen wir die Mittagszeit, um die 60 Kilometer Strecke nach Habala zu bewältigen. Wieder einmal ist der Weg alles andere als klar ersichtlich. Schilder gibt es kaum – nicht einmal arabische. Nach vielen Fragen erreichen wir das gewünschte Ziel schließlich, jedoch auch hier ist gähnende Ruhe. Zwar ist immerhin das Tor offen, aber die Seilbahn, die uns hinunter in das verlassene Dorf Habala bringen sollte, steht still – mafi. So müssen wir uns mit einem Blick von Oben auf das „hängende Dorf“ begnügen. Zwar ist die Landschaft atemberaubend, aber die Art und Weise, wie dieser Ort durch Vergnügungspark und Fastfood Restaurant verschandelt wurde macht uns eher sprachlos. Es ist nicht zu fassen, wie in diesem Land mit Kulturerbe umgegangen wird. Von den alten Häusern sind gerade einmal noch die Grundmauern zu erkennen. Vielleicht ist es besser so, dass wir nicht in diesen verschandelten Ort hinunter fahren können.

So bleibt uns ein Picknick auf den Felsen oberhalb des „hängenden Dorfes“. Hier können wir die Ruhe des Ortes und eine fantastische Aussicht auf das unter uns liegende Tal genießen. Schon morgen, wenn die Seilbahn – insha-allah – ihren Dienst wieder aufnimmt, wird es mir der Ruhe vorbei sein.

Der Versuch, off-road noch ein Stück oberhalb des Felsens entlang zu fahren scheitert an der Unwegsamkeit des Weges und der Sorge um unser Auto.

Der Heimweg ist wieder einmal nicht einfach zu finden. Karte und Wirklichkeit klaffen immer wieder auseinander. Aber wir meistern auch dieses Problem und haben mal etwas Zeit am Abend im Hotel. So können wir die Bowlingbahn nutzen, eines der wenigen Angebote im Hotel, das sogar ich als Frau nutzen darf.

 

 

Bei angenehmen 20 ° C brechen wir gegen 9:30 Uhr auf zu unserer nächsten Etappe nach Najran. Vor uns liegen 220 Kilometer Bergstrecke mit 5 Checkpoints. Nach 50 Kilometern werden wir zum ersten Mal angehalten und nach unseren Pässen und den Fahrzeugpapieren gefragt. Es dauert eine Weile, bis alles kontrolliert und registriert ist, dann dürfen wir weiterfahren. Hier ist es einmal anders, als sonst bei den Checkpoints: Einzig wir werden kontrolliert, während alle Araber unbehindert passieren dürfen – „for your own safety“.  Bei einem der vielen Fotostopps haben wir eine merkwürdige Begegnung: Ein daher gefahrener Saudi mit seinem Amischlitten hält plötzlich an und maßregelt uns, dass wir keine Fotos von der Landschaft machen dürfen. Um seine vermeintliche Autorität zu untermalen hält er Volker eine arabisch beschriebene Karte unter die Nase. Wenig beeindruckt von diesem Auftreten setzen wir unsere Fahrt fort. Nach einer kurzen Zeit der Verfolgung verliert der Mann das Interesse an uns und nimmt seine ursprüngliche Route wieder auf – wir hätten uns wohl mehr eingeschüchtert zeigen sollen.  

Nach zwei weiteren Kontrollen und einem Abstieg auf 1400 Meter Höhe erreichen wir um 13:20 Uhr das Holiday Inn Hotel in Najran.

Es bleibt Zeit zum Ausruhen, Bilder sichern und Tagebuch schreiben.

Nach dem Nachmittagsgebet ziehen wir los, um die Souqs am anderen Ende der Stadt aufzusuchen: Dagger Souq und Souq al-Harim (Ladies Souq). Besonders interessant für uns ist der Daggers Souq, wo Krummdolche und Messer hergestellt und verkauft werden. Männer sitzen bei Tee und Weihrauch beieinander und verhandeln über den Kauf.

Eine Filmteam von NBC, das unterwegs ist auf der Suche nach Motiven für einen Dokumentarfilm über Najran, wird auf uns aufmerksam und wählt uns als dankbares Motiv für die Darstellung von Tourismus aus. Für mich ist das insofern praktisch, als ich im Schatten der Filmkamera einigermaßen ungeniert Fotos schießen kann.

 

Najran | Saudi-Arabien

Bei einem weiteren Fotostopp auf dem Weg zurück zum Hotel werden wir von einem vorbeifahrenden Mann, der in   der Nachbarschaft wohnt, in sein Haus zu Kaffee und Datteln eingeladen. Die Bewirtung ist sehr freundlich, aber die Kommunikation scheitert sehr bald an den mangelnden Sprachkenntnissen auf beiden Seiten. Schließlich wird ein Nachbar herbei gerufen, der gut Englisch spricht und etwas dolmetschen kann. Die Gruppe der Gastgeber wird immer größer. Kinder und Männer des Hauses kommen, um uns zu begrüßen und zum Schluss zeigt sich auch noch die Mutter des Gastgebers. Schade, dass wir kein Arabisch sprechen!

Nach vielen Tassen Kaffee und Tee und der herzlichen Verabschiedung machen wir uns auf den Heimweg, doch weit kommen wir nicht. Nach ein paar Metern kommt Herr Halil, der Übersetzer noch einmal über die Straße zu unserem Auto gelaufen und lädt uns zum Abendessen zu sich ein. Wie sollen wir da ablehnen? Also ziehen wir in das nächste Haus, um dort ein üppiges arabisches Abendessen einzunehmen. Hier werden wir wieder herzlich von allen Mitgliedern der großen Familie begrüßt. Hier spricht man Englisch – alham dulillah. Nach einem Begrüßungstrunk im Kreise der Männer werde ich in den Frauenteil des Hauses geladen. Von nun an erleben wir den Abend getrennt. Allein Leon darf, weil noch Kind als Reisender zwischen den Welten hin und her wechseln.

Mit einer ziemlichen Offenheit berichten mir die erwachsenen Töchter des Gastgebers über die Einschränkungen in ihrem Leben und ihre Sehnsucht nach dem etwas freieren Leben der Frauen in Jeddah. Die Frauen hier dürfen z. B. nicht alleine mit einem Taxi fahren und haben auch keine Gelegenheiten, außerhalb des eigenen Hauses Freundinnen zu treffen. So sind sie immer unter Kontrolle oder an das Haus gebunden.

Ihr einziger Zugang zur Welt ist der Fernseher, insbesondere die westlichen Sender. Fatma, die älteste Tochter des Hauses offenbart mir, dass RTL zu ihren Lieblingssendern gehört, obwohl sie die deutsche Sprache nicht versteht. Der Lebensstil, der dort in Serien, wie Sabrina u.a. gezeigt wird, gefällt den jungen Frauen hier. Gleichzeitig hängen sie aber auch an ihren Traditionen.

Nach einem netten Abend, interessanten Gesprächen und unglaublich viel Essen machen wir uns schließlich auf den Heimweg zum Hotel. Im Gepäck haben wir zwei Dosen Datteln (erste Einladung) und eine CD-Rom mit Fotos von Najran (zweite Einladung).

 

 

Für 8:30 Uhr haben wir uns mit unserem Reiseführer Mr. Saeed verabredet. Er soll uns einen halben Tag lang die interessantesten Orte um Najran herum zeigen.

Schon bei unserem ersten Stopp, dem Al Aan Palace, ist uns klar, dass es gut und richtig war, sich hier einen lokalen Führer zu nehmen. Ohne Mr. Saeed hätten wir den Weg hinauf zu dem Palast niemals gefunden. Der Blick von hier oben über das Wadi Najran ist großartig. Das breite Flussbett lässt ahnen, welche Wassermassen sich hier nach Regenfällen ihren Weg durch das Tal bahnen.

Am Hügel auf der gegenüberliegenden Seite des Wadis sind die Reste des Al Raoum Castle zu erkennen.

Unsere Tour führt uns weiter Richtung Westen zum Najran Dam, der 1977 zum Schutz gegen die Regenfluten aus dem Gebirge gebaut wurde und bis vor kurzem als größter Damm des Landes galt. Der Wasserpegel im Staubecken ist um diese Jahreszeit sehr niedrig, bevor das Becken in den Sommermonaten ganz austrocknet. Die hier angeschwemmte fruchtbare Erde wird abgetragen und an die Bauern der Umgebung verkauft.

Al Ukhdood Museum , Mudhouses und Najran Fort bieten einen Einblick in die Vergangenheit der Stadt. Mit 4000 Jahren Geschichte ist Najran die älteste Siedlung des Landes.

Den Abschluss unserer Tour bildet ein kurzer Besuch des Basket Souqs. Nun drängt wieder einmal die Zeit, denn gleich beginnt das Mittagsgebet. Es gelingt uns aber noch, einen Steintopf mit Korbdeckel zu kaufen.

Mittlerweile ist das Thermometer auf 37 ° C geklettert. Bei dieser Temperatur tut es gut, im klimatisierten Hotelzimmer auszuruhen.

Für den Nachmittag haben wir noch einen Besuch im King Fahd Park und etwas Shopping im Souq vorgesehen. Es gilt noch einen Ziegenhaut-Wassersack, unsere zukünftige Campingdusche zu erstehen.

Der Park ist ganz den Bedürfnissen der modernen Saudis angepasst und mit breiten Straßen durchzogen. So kann Mann seine schwarz umhüllten Frauen direkt vor der Picknickdecke abladen. Unnötiges Laufen sollte stets vermieden werden. Auch wir beschließen nach kurzem Spaziergang durch den Park, dass wir zur weiteren Erkundung des Geländes lieber das Auto nutzen. Schließlich findet sich ein Plätzchen für ein kleines Nachmittagspicknick. Da weit und breit niemand in der Nähe ist, streife ich die Abaya ab. Darunter kommt ein verwegenes langes, untailliertes, kurzärmliges Kleid zum Vorschein. Wir bleiben nicht lange alleine und so sind mir die neugierigen Blicke aller vorbei kommenden Leute, ob jung oder alt, Mann oder Frau, von da an sicher.

Später im Supermarkt, wieder ordentlich in Abaya verpackt, versetze ich einige junge Männer durch mein Outfit – ohne Kopftuch und Schleier – in einen verzückungs-ähnlichen Zustand. Solche Erscheinungen sind hier ausgesprochen ungewohnt.

 

 

Die Rub al-Khali (Empty Quarter), die größte Sandwüste der Welt, beginnt kurz hinter Najran und steht daher heute auf unserem Programm. Ihre Größe – sie erstreckt sich über 655000Km 2   und ist damit größer, als Frankreich - und Unwirtlichkeit faszinieren. Natürlich können wir nur einen winzigen Bruchteil dieser mächtigen Wüste erkunden, doch Volker macht das Maximale möglich. Eigentlich wollten wir nur ein Stück der Straße nach Sharurah fahren, um die fantastischen Dünenformationen zu bewundern. Doch die leere, endlose Asphaltstraße gibt kein konkretes Ziel vor und die Hitze außerhalb des Autos steigt im Laufe des Vormittages auf 42 ° C. So chauffiert uns Volker schließlich die 330 Kilometer bis in die unglaublich öde Stadt Sharurah am südlichen Rand der Rub al-Khali. Die Strecke beginnt zunächst etwas eintönig im flachen Ödland, führt dann aber bald zunächst durch vereinzelte kleinere Dünen und schließlich durch ein imposantes Dünengebirge, das getrieben durch den stetig wehenden Wind ständiger Bewegung und Veränderung unterworfen ist. Etwa 30 Kilometer vor der Stadt entdecken wir etwas abseits der Straße ein Kamelskelett, ein gruseliger doch zugleich faszinierender Fund. In sichtbarer Entfernung erhebt sich ein Wasserturm über einem Brunnen. Die wenigen Bäume und Sträucher weisen darauf hin, dass er noch Wasser führt.

Kurz vor der Stadt ist auch hier ein Checkpoint – schließlich sind es zur Grenze nach Jemen nur wenige Kilometer. Nervig ist allerdings, dass der Herr in Uniform wieder einmal uns auswählt, um alle Papiere gründlich zu studieren und handschriftlich alle Daten auf einem Schmierpapier zu notieren. Das nimmt natürlich einige Zeit in Anspruch und lockt alle gelangweilten Wachposten herbei. Die Einrichtung des kleinen Büros macht einen äußerst professionellen Eindruck: Zwei abgerutschte Sessel, in einem Steckt   neben der Armlehne ein Maschinengewehr, ein alter Hocker und ein kniehoher Schreibtisch, der durch ökonomische Gestaltung und Design besticht. Irgendwann scheint dann alles Notwendige notiert zu sein und wir dürfen den Checkpoint passieren – „Shukran“ sagt mein Mann da auch noch!

Freitagmittag kurz nach dem Ende des Mittagsgebets ist Sharurah eine äußerst lebendige und prickelnde Stadt. Nach einer kleinen Rundfahrt durch die City ist mir klar, diese Stadt wird in meinen Index der ödesten Orte der Welt aufgenommen - noch vor Gars am Inn und Hammerfest. Ich versuche mir vorzustellen, wie schrecklich es hier sein muss, als Frau zu leben, abhängig von Männern und stets kontrolliert, denn übersichtlich ist dieser Ort.

Picknick im einzigen Park der Stadt (riesige Sandfläche mit ein paar Plasikhütten, einigen kleinen Bäumen und Sträuchern und sehr viel Müll) ist auch ein Erlebnis, das uns in Erinnerung bleiben wird.

Der Weg ist heute das Ziel und so machen wir uns auf, die wunderbaren Sanddünen im nachmittäglichen Licht auf unserer Rückfahrt zu bewundern und fotografisch festzuhalten. Die unglaubliche Schönheit dieser Landschaft hält uns im Bann, so dass die Strecke trotz der Länge nicht unangenehm wird.

Najran empfängt uns nach der 650 Kilometer langen Tour mit einem tollen Sonnenuntergang über den Bergen.

 

 

Der erste Teil unserer Heimreise beginnt heute. Über die Berge führt unser Weg zurück nach Khamis Mushayd, Abha und dann hinunter zum Meer. Bis Abha ist uns die Strecke bereits vertraut, aber schon der Abzweig hinunter Richtung Jizan ist wegen einer Baustelle fast nicht zu finden.

Die Straße windet sich von über 2000 Metern hinunter auf Seehöhe. Aufwendig ist die Straße in die Felsen gehauen und gesichert. An vielen Stellen erkennt man jedoch noch immer die Schäden des großen Unwetters von 1999,   als weite Teile der Straße und Brücken von den herabstürzenden Wassermassen weggerissen wurden. Viele der Brücken wurden seither noch nicht wieder aufgebaut und der Verkehr wird einfach durch das zurzeit trockene Flussbett geleitet. Bei stärkerem Regen ist diese Strecke, die einzige Straße vom Asirgebirge in den Süden des Landes, wohl unpassierbar. Weiter unten im Tal ist man mit Bauarbeiten für einige neue Streckenabschnitte beschäftigt – immerhin, sechs Jahre nach dem Unwetter.

Zurück auf Seehöhe erwartet uns eine seltsame Stimmung. Die Luft ist grau-gelb vom Staub, der vom Wind über das Land getragen wird. Die Stadt, die wir passieren wirkt trostlos in dieser Witterung. Bei Ash Shuqaiq nähern wir uns schließlich dem Roten Meer. Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind entsprechend.

Nach kurzer Suche und einer durchrüttelnden off-road Fahrt finden wir schließlich ein Plätzchen am Strand, das uns für die Nacht geeignet erscheint. Zwar liegt auch hier Müll, so weit das Auge blickt, aber daran muss man sich in diesem Land wohl gewöhnen, wenn man nicht verzweifeln will.

Auf unserer gesamten Tour war es immer wieder der Müll, der uns fassungslos in wunderschöner Landschaft verharren ließ. Was sind das für Menschen, die ihren Lebensraum auf diese Weise zerstören. Nachdem das Wild in der Wüste und die Haie im Meer aus Spaß am Jagen fast ausgerottet wurden, überzieht man nun die Landschaft sukzessive mit Plastik und Dosen. Die Archäologen der Zukunft werden ihren Spaß bei Ausgrabungen auf der arabischen Halbinsel haben.

Ein Bad im Meer, ein ausgedehnter Strandspaziergang mit wunderbaren Muschelfunden, ein Abendessen im Sonnenuntergang und die absolute Ruhe vor dem Muezzin – all das hat seinen Preis: Eine Nacht ohne die Annehmlichkeiten der menschlichen Zivilisation, wie Dusche, WC und Federbett, Statt dessen ein Dreipersonen Schlafraum   Marke Toyota Landcruiser V6 3400. Der Preis   ist allerdings bestechend günstig.  

Unsere Campingleuchte hält nicht ganz, was sie verspricht. So wird das Abendprogramm früher als geplant mangels Licht beendet. Dank unserer Fliegennetze am Auto kann man ja auch in unserer Schlafstatt noch ganz gut lesen.

 

 

Erstaunlich gut haben wir alle drei geschlafen und können nun die Morgenstimmung am Meer genießen. Die frischen Reifenspuren am Wasser deuten darauf hin, dass auch heute Morgen schon eine Patrouille der Coastguard unterwegs war. Die freundlichen Herren haben also in aller Frühe nach uns geschaut – ein beruhigendes Gefühl.

Nach opulentem Frühstück mit kaltem Kaffee, umfangreicher Morgentoilette und Packen machen wir uns auf den Weg. Die letzten 600 Kilometer unserer Reise führen uns immer an der Küste des Roten Meeres entlang Richtung Norden. Zunächst ist die Landschaft noch abwechslungsreich mit Feldern (Melonen, Mais) und einigen Ortschaften. Doch nach einer Weile wechselt die Umgebung in öde flache Staubwüste mit nur wenigen, sehr trostlosen Ortschaften – meist bestimmt durch eine Tankstelle und eine Moschee.

 

Sandsturm

Zum krönenden Abschluss unserer Reise wird uns noch ein heftiger Sandsturm beschert. So wird aus dem langweiligen Küstenhighway noch ein richtiger Abenteuer-Tripp. Einem Schneesturm ähnlich wird der Sand über die Straße gefegt. Die sandgeschwängerte Luft erschwert die Sicht erheblich. Kurz vor Jeddah wird die Sicht freier, doch der Himmel über der Stadt sieht giftig gelb aus. Das lässt schlimmes Ahnen, was den Zustand im und um unser Haus angeht.

 
     
 
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