Reisebericht Emirate

 
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Jeddah-Riyadh-Dubai - Eine Reise quer über die arabische Halbinsel

Der Muezzin mit seinem Ramadan Morgengebet um 3:00 Uhr bringt uns dazu, früher als geplant zu unserer langen Reise aufzubrechen. 1000 km Strecke bis Riyadh liegen vor uns. Aus dem Fahrerwechsel auf halber Strecke wird diesmal dank der tollen Gesetze in diesem Land nichts.

Der „Stinkesee“ (Abwassertümpel von Mekka) der heiligen Stadt bietet noch etwas Abwechslung für Augen und Nase. Die Bergstrecke nach Taif ist zu bewältigen – danach wird die Landschaft ziemlich langweilig und auch der Fahrer kann sich entspannt zurück lehnen.

Ab und zu eine Pause, um verschiedene menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, so bewegen wir uns auf die Hauptstadt des Königreiches zu. Allmählich tauchen rote Sanddünen auf und bald darauf sind die Berge um Riyadh zu sehen. Die Straße durchschneidet das Felsmassiv und führt uns auf eine Hochebene. Wir passieren die ersten Häuser der Stadt.

Nun haben wir die Gelegenheit, den Compound, der uns eigentlich für dieses Jahr als Lebensraum zugedacht war, kennen zu lernen. Die Ankunft ist nicht ganz einfach, denn aufgrund verschärfter Sicherheitsvorkehrungen dürfen wir nicht in den Compound fahren. Es bedarf längerer Gespräche, um nicht nur uns, sondern auch dem Auto Einlass zu ermöglichen. Derweil sind wir erst einmal zu Kaffee und Kuchen bei Bekannten eingeladen. Den Kindern gefällt es spontan. Zugegeben, die Häuser und Gemeinschaftseinrichtungen sind sehr angenehm. Die Sicherheitslage und die äußeren Gegebenheiten der deutschen Schule bestätigen uns aber aufs Neue in unserer Entscheidung für Jeddah.

 

Auch die 2. Etappe verlangt noch einiges an Durchhaltevermögen von den Reisenden. Eine endlos lange, kerzengerade Straße führt uns durch die lang erwarteten Sanddünen immer Richtung Osten bis zur Grenze der Vereinigten Arabischen Emirate. Immer wieder weisen Warnschilder auf die Gefahr von Wanderdünen hin. Mitten in dieser Landschaft wurden Felder angelegt, die durch riesige Bewässerungsarme mit dem nötigen Wasser gespeist werden. Getreide, aber auch Wiesen werden hier kultiviert. Einige Kilometer weiter erscheinen dann die riesigen Kuhställe der nationalen Milchfirma Almarai. Für uns ist es unglaublich, mit welchem Aufwand und in welcher Entfernung zu jeder größeren Siedlung hier mitten in der Wüste Agrarwirtschaft betrieben wird.

Nach den Grenzformalitäten, die trotz zügiger Bearbeitung und guter Organisation letztendlich fast eine Stunde beanspruchen, können wir endlich Fahrerwechsel machen. Ungefähr 1500 km hat uns mein Mann nun durch das Land chauffiert, nun darf er sich gemütlich zurück lehnen. Das Leben kann so einfach sein ohne die blödsinnigen wahabitischen Gesetze! Nun haben wir also gut eine Woche Freigang: Keine geschlossenen Geschäfte während der Gebetszeiten, freie Kleiderwahl für alle, Mutter am Steuer, öffentliche Strände, …

Bis zu unserem Hotel sind noch gut 2 Stunden durch langweilige Wüstenlandschaft zu fahren. Zum Teil ist die Straße mit Palmen gesäumt. Damit sollen die gefährlichen Sandverwehungen auf der Fahrbahn vermieden werden.

Im Rückspiegel kann man die Sonne in ihrer ganzen Pracht bei ihrem abendlichen Farbenspiel beobachten. Aber das Schauspiel ist nur von kurzer Dauer. Um 17:30 Uhr ist es bereits dunkel. Das hell erleuchtete Hotel erkennen wir von weitem. Immerhin sind wir noch rechtzeitig für ein Bad im Pool. Jetzt kann der Urlaub richtig beginnen. Ich kann zum ersten Mal die Freiheit genießen, mich in der Öffentlichkeit ohne Abaya zu bewegen – fast schon ungewohnt.

 

Auch am Morgen können wir die Freiheit dieses Landes genießen, denn es wird trotz Ramadan im Hotel Frühstück serviert. Das ist durchaus nicht selbstverständlich – in Saudi Arabien eher undenkbar in einem Hotel dieser Art. Vor unserer Reise in die große Stadt Dubai genießen wir erst noch einmal Strand und Pool. Zum ersten Mal baden wir im arabischen Golf.

Schon auf dem Weg in die Stadt kann man den Reichtum des Landes erahnen. Palmen, Gras und Lampen säumen den Weg. Die Straße ist ganz im Gegensatz zu dem, was wir aus Saudi Arabien gewohnt sind, in einwandfreiem Zustand. Von weitem schon kann man das Prachtstück Dubais, das Burj Al Arab Hotel, erkennen. Lange fahren wir auf der riesigen Einfallstraße Richtung Stadt und halten nach der Brücke über den Creek Ausschau. Zum Glück fließt der Verkehr hier wesentlich gesitteter, als in Jeddah. Die Autofahrer halten die Fahrbahnen ein und blinken beim Spurwechsel – fast schon unglaublich, wie spießig die hier sind. Bei einem nicht ganz regelkonformen Wendemanöver in der Stadt werde ich gar böse angehupt und beschimpft – in Jeddah wäre das ganz normal gewesen. Es erweist sich somit als richtig gut, dass wenigstens ich meinen Fahrstil in Saudi Arabien noch nicht ganz versaut habe.

Die Lage unseres Hotels in Deira und damit in Fußentfernung zum Goldsouk macht so manche Unannehmlichkeit wett. Der Preis für die Innenstadtlage ist dafür Straßenlärm und Mief.

Ohne Abaya, in westlicher Sommerkleidung ziehen wir los zu unserer ersten Erkundung. Wir brauchen noch Geld in der Landeswährung Dirham. Dann endlich können wir im Straßenlokal einkehren zu Shawarma und Falaffel. Es ist lauschig, so an der Straßenkreuzung zu sitzen. Faszinierend ist die bunte Vielfalt der Menschen, die vorüber gehen. Toll, es ist Gebetszeit – wir sitzen direkt vor dem Eingang zur Moschee – und trotzdem werden wir im Lokal bedient und die Läden sind auf. Ein fast vergessenes Lebensgefühl stellt sich bei mir ein.

Im Goldsouk begegnen uns viele Touristen – wie immer meist deutsche. Das Angebot an Schmuck entspricht aber auch hier nicht so ganz unserem Geschmack – überladen und kitschig. Gewürzsouk, Gemüsesouk, Dhow am Creek und zum Schluss noch einen Fußmarsch zur Mall - das Programm fordert unsere des Laufens entwöhnten Beine ganz schön heraus. Nach dem Frühstück – es ist immer noch Ramadan – starten wir zu einer Tour durch die Stadt. Fischmarkt und Obstmarkt am Corniche sind unser erstes Ziel. Eine tolle Atmosphäre und freundliche Verkäufer machen den Besuch zu einem schönen Erlebnis.

Der öffentliche Strand der Stadt übertrifft all unsere Erwartungen. Duschen, Palmen, Picknick-Tische, sauberes Wasser – einen schöneren Stadtstrand haben wir noch nirgends gefunden. Der Schönheitsfehler: beim näher kommen hat man den Eindruck, in Russland angekommen zu sein. Auch das haben wir noch nie erlebt. Außer ein paar deutschen Touristen scheint es hier nur Russen zu geben – wo kommen die plötzlich alle her? Der Muezzin ruft in der benachbarten Jumeira Moschee zum Mittagsgebet. Keiner stört sich am Strandtreiben. Ein paar ganz wenige arabische Männer laufen am Strand entlang – sind sie zum Fauen-Anschauen hier? Wenn ja, werden sie bald wieder gehen, denn was hier an russischen Fleischbergen geboten wird ist wenig reizvoll, eher doch abstoßend fürs Auge.  

Nächste Station ist die Welt der Reichen. Wenigstens für das Foto müssen wir das Burj Al Arab doch aus der Nähe sehen. Das gestaltet sich gar nicht so einfach, denn einige edle Strandhotels versperren den Zugang zum Meer in diesem Strandabschnitt. Eine Baulücke etwas weiter südlich am Strand gewährt uns dann doch noch eine Annäherung. Wie lange dieser Platz wohl noch unbebaut bleiben wird in dieser wahnsinnigen Stadt mit ihrem Bauboom.

Unsere Tour führt zu den imposanten Emirate Towers, die neben Büros und einem Hotel, auch eine edle Shoppinmall beherbergen. Leider bleibt uns die Fahrt zum Aussichtsdeck hier wegen Ramadan und Trauer um den verstorbenen Präsidenten ebenso verwehrt, wie anschließend beim World Trade Center. Da bleibt uns nur noch die Abendstimmung am Creek zu genießen und unseren Hunger in einem Restaurant zu stillen. Wo ginge das mit einer Familie besser, als im Ikea-Restaurant im Deira City Center?

Überall wehen die Fahnen auf Halbmast, weil der langjährige und sehr beliebte Präsident gestorben ist. Aus der Reihe der internationalen Flaggen ragt allein die Saudi Arabische heraus. Diese Flagge, auf der das Glaubensbekenntnis „Allah ist groß“ zu lesen ist, wird niemals auf Halbmast gesetzt. Das Wort Gottes beugt sich nicht vor dem Tod.

Ein Tag voller Eindrücke neigt sich dem Ende zu. Unterwegs im Auto haben wir die Stadt angenehm, beeindruckend, teilweise gigantisch erlebt. Der dargestellte Reichtum ist zum Teil unglaublich. Schön ist, dass es auch angenehme Orte für das gemeine Volk, wie den öffentlichen Strand gibt. Trotz ihrer Größe und dem enormen Wachstum erscheint die Stadt nicht lebensfeindlich und hat ihren besonderen Charme. Obwohl muslimisch, erlebt man eine angenehme Offenheit. Die Kirchen und der Hindutempel in der Stadt sprechen für sich.

Etwas Energie bleibt uns noch, für eine kurze Bootstour mit einer der vielen Personenfähren über den Creek. Am anderen Ufer kann man durch das alte Handelsviertel flanieren, in dem heute vor allem Stoffe angeboten werden.  

 

Ramadan und die Trauer um den verstorbenen Präsidenten schränken die Möglichkeiten für Besichtigungen deutlich ein. Keiner kann einem wirklich verbindlich Auskunft über Öffnungszeiten geben. Ungeachtet dessen fahren wir am nächsten Morgen nach Sharja, der direkt angrenzenden Stadt und dem Nachbaremirat. Beim Hineinfahren in das Zentrum erscheint die Stadt deutlich weniger prunkvoll und schön, wie die große Schwester Dubai. Alles soll angeblich ursprünglicher sein, doch davon merken wir wegen dem eingeschränkten öffentlichen Leben wenig. Lediglich der Verkehr ist nervig und stockend.

Immerhin sind die Läden im berühmten Blue Central Market geöffnet und laden mit ihrem Angebot zum Schlendern ein.

Nach einem kurzen Besuch des Tiermarktes haben wir schnell genug von der Stadt und versuchen unser Glück im vielfach angepriesenen Desert Museum etwas außerhalb der Stadt. Natürlich ist es geschlossen. So bleibt uns die Flucht in die Wüste, die sich  als sehr reizvoll und lohnend erweist. So endet der Tag doch auch befriedigend.

 

Eine Tour ins Landesinnere führt uns in die Stadt Hatta. Die Straße geht durch Dünenlandschaft. Auf Empfehlung unseres Off-Road Reiseführers machen wir einen kleinen Abstecher von der Straße zu den „Sandfalls“. Das wird zu einem tollen Erlebnis. An einer Sandabbaustelle entstanden hohe, steile Absätze in den Dünen, von denen durch den Wind ständig Sand herunter geweht wird. Das ganze erscheint wie ein Wasserfall und bietet ein unglaublich schönes Farbspiel. Dass die Annäherung an diese steile Sandwand nicht ganz ungefährlich ist, erfährt Joscha, als er den angeschwemmten Sand hoch rennen will. Gerade rechtzeitig vor dem Abgang einer ziemlich mächtigen   Lawine kann er sich noch in Sicherheit bringen. Seine Schuhe verschwinden im Sand und müssen hinterher geborgen werden.

Zweimal durchqueren wir kurze Stücke vom Oman – unbemerkt und ohne Kontrollen. Das besondere Highlight für unsere Kinder ist der Quadverleih in der Wüste. Endlich einmal können sie ihr Fahrkönnen in den Dünen auf die Probe stellen.

Wir sind Glückspilze, denn die Heritage Village in Hatta hat trotz Trauer und Ramadan geöffnet – und das ganze auch noch „free of charge“. Unsere Suche nach dem weiteren Weg zu den „Hatta Pools“ gestaltet sich allerdings wieder einmal äußerst nervenaufreibend. Vier mal fahren wir letztendlich die stinkende Dorfstraße mit den unzähligen speedbreakern auf und ab. Jeder Befragte weist uns einen anderen Weg. Mittlerweile kennen wir sämtliche Straßen dieser kleinen Stadt. Die Polizei weist uns dann doch noch auf den rechten Weg. Nun können wir auf der landschaftlich faszinierenden Schotterpiste Ausschau nach einem Platz für das Picknick halten. Leider sind die beschriebenen Pools wegen der langen Trockenheit weitgehend ausgetrocknet. Einige kleine Pfützen sind noch ausfindig zu machen und schließlich finden wir auch einen kleinen Pool im Wadi, der zur Bewässerung aufgestaut wurde. Durch die Kalkablagerungen am Grund des Minisees erinnert dieser stark an Pamukkale in der Türkei. Leon fällt kurzerhand erst einmal voll bekleidet ins Wasser. Damit ist die Frage: „Kann ich in dem See baden?“ bereits geklärt.

Auf der zum Teil recht abenteuerlichen Schotterstrecke fahren wir weiter durch das schöne Wadi. Dabei kommen wir an einer Quelle vorbei, in deren Umfeld üppiges Grün wächst.

Das besondere Erlebnis auf dem Rückweg in die Stadt: Wir haben uns entschieden, den Tag noch am Strand ausklingen zu lassen. Auf dem Weg dort hin bekommt wir jeder von uns an der Ampel ein Ramadan Iftar Päckchen geschenkt. Das ist während des Ramadans üblich und wir von Firmen gesponsert. Inhalt: Ein paar Datteln, Mineralwasser und Saft. Wir verraten auch niemandem, dass wir gar nicht gefastet haben und machen es uns am abendlichen Strand zu unserem Iftar gemütlich.

 

Nach vier Nächten in unserem wenig angenehmen Stadthotel machen wir uns auf den Weg nach Al Ain, einer Oasenstadt im Inneren des Landes.

Im Reiseführer wurden wir bereits vorgewarnt, dass die Orientierung in dieser Stadt nicht ganz einfach ist. Nach unseren Erfahrungen können wir das bald bestätigen. Schilder sind – falls vorhanden – in Arabisch, Straßennamen sind weitgehend unbekannt und die Ausmaße der Stadt riesig. Immerhin finden wir den Weg zum Kamelmarkt und später auch zu unserem Hotel in der Nachbarstadt im Oman – natürlich nicht ohne die Hilfe von Taxifahrern und Tankwarten.

Unser Hotel ist sehr arabisch. Das wird vor allem daran deutlich, dass wir während unseres Aufenthaltes – die letzten zwei Tage des Ramadan – kein Frühstück bekommen werden. Das Restaurant hat ganz geschlossen, man erwartet den Ansturm der Gäste erst zu Eid in zwei Tagen. Gut, dass wir unsere Kühlbox und die Notausstattung an Campinggeschirr dabei haben.

In der Stadt Buraimi – dem omanischen Teil von Al Ain, in dem wir wohnen, spart man sich gleich ganz und gar die Straßennamen. Einen Stadtplan gibt es nicht. Dafür wird man aber an der Grenze, an der man hier nicht kontrolliert wird, mit einem großen Schild „ Peace be with you “ begrüßt.

 

Wir nutzen die Gelegenheit zu einer Tour durch die Berglandschaft auf omanischem Gebiet. Die Grenzkontrollpunkte sind erst 50 km weiter im Landesinneren und so können wir ungehindert reisen. Eine faszinierende Landschaft bietet sich uns. Es ist so, wie man es aus Reisebüchern aus dem Oman kennt: felsige Berge, davor Geröllwüste und immer wieder Hartlaubgewächse. Eines unserer Ziele sind die Hängenden Gärten. Aus einer riesigen Felswand wachsen in Schwindel erregender Höhe Pflanzen aus dem Fels. Man kann sich nur wundern, wo sie dort Nahrung zum Wachsen und Halt finden können. Die Wanderung dort hin ist wunderschön, doch auch anstrengend. Es geht steil bergauf durch ein Wadi über Geröll und Felsbrocken. Im Schlepptau haben wir zwei reizende Teenager, die keinerlei Notwendigkeit sehen, einen Schritt zu laufen, so lange man ein funktionstüchtiges Auto hat.

Die Atmosphäre am Ziel direkt vor der Felswand ist faszinierend. Wieder ist das Wasserbecken, das hier sonst ist, ausgetrocknet. Die Stille ist fast gespenstisch. Vor dem Felsen kreisen Vögel und von oben hängt das üppige Grün der Pflanzen herunter. Man kann ahnen, wo nach Regen das Wasser herunter rieselt.

Eine Oase zwischen den Bergen finden wir dank der guten Beschreibung des Off-Road Führers auf Anhieb. Es ist ein ruhiger und angenehmer Ort. Palmen und Kräuter werden hier vor allem kultiviert und durch offene Kanäle, die vom nahe gelegenen Wadi gespeist werden, bewässert. Am Ende der Oase führt der Weg zu einer tiefen und engen Schlucht. Beim Überqueren der kleinen Brücke kann einem schwindlig werden. Das tolle: wenn man ein paar Meter entfernt ist, ahnt man nichts von diesem tiefen Spalt.

Zum Essen wagen wir uns doch noch einmal in die Stadt Al Ain – in der Hoffnung, eines der empfohlenen Restaurants zu finden. Natürlich werden wir nicht fündig. Weder die empfohlenen, noch ein anderes annehmbares Restaurant sind aufzutreiben. Um den Souk herum ist zwar reges Treiben, doch die Art der Geschäfte entspricht nicht so ganz unseren Interessen. Und außerdem haben wir Hunger! In unserer Verzweiflung fahren wir zu der neuen Shopingmall   in der Gewissheit, dass es dort einige Foodoutlets gibt. Das Angebot dort ist erfreulich vielfältig und gut.

 

Heute haben wir es etwas eilig mit der Abreise. Unser nächstes Ziel ist Abu Dhabi. Die Kinder freuen sich auf das Hotel mit Strand besonders.

Abu Dhabi beeindruckt beim ersten Durchqueren mehr durch seine Größe, denn durch Glanz oder Eleganz. Der Unterschied zu anderen arabischen Städten liegt vor allem in den vielen großen Parks. Schließlich ist es auch die Hauptstadt der Emirate und so sind auch unzählig viele Botschaften aller nur bekannten Länder im Stadtplan verzeichnet, die allerdings beim Vorbeifahren meist nicht als solche auffallen. Oft sind die Vertretungen wohl in einem der vielen Stockwerke der nicht sehr schmucken Hochhäuser untergebracht.

Die Innenstadt erinnert mich zum Teil etwas an das alte Berlin Zentrum mit seinen Wohnsilos. Dicht auf dicht stehen hier die Hochhäuser, die neben Geschäftsbereichen auch Wohnraum bieten. Es fehlt die Atmosphäre in dieser Stadt. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die Uferpromenade Corniche, ganz und gar Baustelle ist. Die Küstenstädte der arabischen Halbinsel führen wohl einen Wettstreit darüber, wer die schönste Corniche hat. Da nun Jeddah etwas Prächtiges vorgegeben hat, muss Abu Dhabi nun durch Aufschütten des Ufers und Neugestaltung neue Maßstäbe setzen.   

Der Souk, ehemals Zentrum der Stadt, begeistert bestenfalls noch mit einem morbiden Charme. Der Stadtverwaltung ist er wohl ein Dorn im Auge, da man das Gelände viel lukrativer nutzen könnte. So wundert des nicht, dass die Stände dem Verfall nahe wirken. Ein ganzer Block ist abgebrannt und dient nun als Müllkippe. Dennoch, das bunte Treiben und die Sharwama-Stände laden zum Verweilen ein.

 

Trotz Eid-Ferien versuchen wir unser Glück, etwas Kultur zu erleben. Diesmal gelingt es uns. Das „ Bedouin life“ Freilichtmuseum ist geöffnet und bietet mitten in der Stadt einen interessanten Einblick in die karge Lebensweise der Wüstenbewohner. Anders, als zum Beispiel in Jordanien gibt es hier keine Wüstenorte mit Beduinenmärkten, die etwas von der Lebensart der Wüstenbewohner wieder spiegeln könnten.

Beeindruckend finde ich hier, wie auch in Saudi Arabien die konsequente Nicht-Information. Für eine Stadt, die auf Tourismus baut, ist es unglaublich, wie wenig Information es für Fremde gibt. Das Kulturprogramm beschränkt sich weitgehend auf Shopping und Restaurants aller Preisklassen. Eine Touristeninformation sucht man vergebens und so kann niemand wirklich sagen, ob es die in unserem Reiseführer erwähnte Petroleum-Exhibition nun wirklich gibt, oder nicht. Wir finden sie jedenfalls nicht.

 

Unsere letzt Station in den Emiraten sind die Liwa-Oasen, eine Ansammlung von kleinen Oasen-Orten am Rande des Empty Quarters . Fruchtbare Felder und Dattelplantagen sind eingerahmt von bis zu 350 Meter hohen Sanddünen. Die immer neuen Formationen und Lichtspiele der Sonne in den vom Wind geformten Strukturen fasziniert immer wieder von Neuem. Die Zahl der geschossenen Fotos spricht für sich. Eine 150 km lange, gut ausgebaute Straße verbindet die einzelnen Orte miteinander. Es gibt ein Krankenhaus, Schulen und kleine Läden. Noch vor 20 Jahren hat hier eine Reise von einem zum anderen Ort Stunden auf dem Kamel gebraucht. Jetzt fliegt die Landschaft bei Tempo 100 an einem vorbei. Wie überall auf der Halbinsel verlief auch hier die Entwicklung in atemberaubendem Tempo. Das Hotel liegt auf einem Hügel und hat, obwohl nicht schlecht, etwa den Charme einer Jugendherberge. Auf dem gegenüber liegenden Hügel hat der kürzlich verstorbene Sheik und Präsident des Landes einen seiner vielen Paläste. Von weitem fällt die ganz und gar mit feinstem Rasen bewachsene Düne auf. Wasser scheint kein Problem zu sein – oder doch?

Dank der Eid-Ferien ist im Hotel reger Betrieb. Leider haben sich auch einige arabische Machos mit ihren laut knatternden Quads und Geländemotorrädern einquartiert. Von Rücksicht halten Araber ohnehin nicht viel – die verlangen sie in Sachen Kleidung und Nahrungsverzicht im Ramadan nur von den anderen. So haben sie ihren Spaß mit ihren Maschinen und wir die Ruhe verloren.

 

Unsere Karte zeigt eine Straße (Sandpiste) südlich der Liwa-Oasen entlang der saudischen Grenze. Auf ihr wollen wir ein winziges Stück der Wüste Rub al Khali ( Empty Quarter ) erkunden. Landschaft und Strecke sind faszinierend und viele Foto-Stopps notwendig. Aber leider erweist sich wieder einmal die Genauigkeit von arabischen Karten als relativ. Schon an anderer Stelle mussten wir feststellen, dass Landesgrenzen auf jeder Karte anders eingezeichnet sind. Die scheint jeder Verlag für sich zu definieren, nachdem sie an vielen Stellen politisch nicht genau festgelegt sind. Leider führt diese Ungenauigkeit dazu, dass wir unsere gewählte Route wegen Grenze und militärischem Gebiet nicht weiter fahren können. So wird aus unserer Rundtour eine Hin- und Rücktour, die vielleicht nicht weniger faszinierend ist.

In der Mittagshitze erklimmen wir eine der riesigen Sanddünen zu Fuß. Diese unglaublichen Sandmassen sind einfach toll. Hier kann man sich gut vorstellen,   Sandski zu fahren.

Abseits der Piste üben sich unsere beiden Teenager mal wieder im Auto fahren.

Zurück im Hotel erleben   wir das Unglaubliche: Zunächst zieht ein Sandsturm über die Hügel und taucht das Land in ein trüb-gelbes Licht. Jetzt heißt es, alle Luken dicht zu machen. Darauf folgt ein heftiger Regen, der etwas 20 Minuten andauert. So bekommt unser Auto endlich mal die nötige Wagenwäsche. Das Regenwasser fließt in Bächen die Straßen hinunter und trägt Sand und Staub mit. Am Abend sind Bagger damit beschäftigt,   die angeschwemmten Sandmassen von den Straßen zu schieben. Es erinnert etwas an die Räumarbeiten bei uns nach einem stärkeren Schneefall.  

Gegen Abend ziehen wir zu dritt noch einmal zum Foto-Shooting „Sonnen-untergang über Sanddünen“ los. Dieses Erlebnis wird sich, denke ich, im Gedächtnis auch ohne Fotos fest verankern. Naturerlebnisse dieser Intensität hat man nicht so oft im   Leben. Weder Foto, noch Film können das Erlebte wirklich wider geben.

 

Back to jail – nach 12 Tagen in den Vereinigten Emiraten machen wir uns auf den Heimweg. Unsere erste Etappe soll uns nach Hofuf führen.

Etwa 4 Stunden fahren wir durch langweilige Wüstenlandschaft. Dank der bescheidenen arabischen Straßenkarten verläuft unsere Tour nicht ohne unfreiwillige Umwege. Die Ölfelder bei Habshan bieten etwas Abwechslung, wenngleich nicht gerade idyllische. Immerhin können wir so die Grundlagen des Reichtums in diesem Land auch live sehen. Entlang der Straße liegen immer wieder Gaspipelines.

Bis zur Grenze bei Batha darf ich fahren, dann ist Schluss mit Freiheit. Die Anstaltskleidung (Abaya) muss ausgepackt werden. Die Aus- und Einreiseformalitäten verlangen einiges an Geduld und Gelassenheit von uns, was wir nach der langen Fahrt und bei der vor uns liegenden Strecke nur schwerlich aufbringen können. Es ist jedes Mal aufs Neue verblüffend, wie unkompetent die arabischen Grenzbeamten sind. Wenn man einmal davon absieht, dass sie quasi kein Wort Englisch sprechen, sind sie nicht in der Lage, unsere Pässe zu lesen. Soll sich noch mal einer über deutsche Beamte beschweren!

Nach knapp 1 ½ Stunden habe wir auch diese Hürde hinter uns gebracht und fahren zielstrebig auf Hofuf zu. Die alte Oasenstadt verspricht laut Reiseführer recht interessant zu sein, darum haben wir einen Zwischenstopp eingeplant.

Schon beim Hineinfahren in die Stadt und der Suche nach unserem Hotel wird uns bewusst, wie schäbig, heruntergekommen und unstrukturiert diese Stadt ist. Ihre gute Zeit muss lange zurück liegen. Hinweisschilder sind dankenswerter Weise ausschließlich in Arabisch, die Straßenschilder fehlen meistens. Wie durch ein Wunder finden wir unser Hotel schließlich doch noch aus eigener Kraft. Den Weg hätten wir uns allerdings besser gespart. Vier Sterne prangern an der Fassade des Hauses – wie die dort hinkommen konnten, ist uns nach betreten des Hotels allerdings ein großes Rätsel. Nicht einer davon ist verdient, und so beschließen wir kurzerhand, noch heute die 340 km nach Riyadh weiter zu fahren. Die Hauptattraktion der Stadt, das alte Fort, können wir dank der unvorstellbaren Bürokratie in diesem Land sowieso nicht besuchen. Dafür müssten wir zunächst beim National Museum in Riyadh ein „Site Permit“ beantragen – wie praktisch, wenn man mal eben auf der Durchreise eine historische Stätte besichtigen möchte.

Unser Driver bringt uns also noch brav nach Riyadh zum Najd Compound, wo uns heute auch problemlos Einlass gewährt wird. Derweil kann ich dank Laptop gemütlich an meinem Reisebericht weiter schreiben. Manchmal ist es ja auch ganz praktisch, wenn man nicht fahren braucht.

Auf dem Weg seit der Grenze werden uns die fehlende Entwicklung und das kranke Verhältnis zwischen den Geschlechtern mehr denn je bewusst. Es fällt mir schwer, wieder in diesen Knast zurück zu kehren. Konnten wir doch zwei Wochen lang erfahren, wie natürlich und offen das Leben in einem arabischen Land auch sein kann.

 

 

Heute steht die Hauptstadt des Königreiches auf dem Programm. Natürlich sind wir wieder einmal getrieben durch die Gebetszeiten und die damit verbundenen Öffnungszeiten. Der elegante Kingdomtower mit seiner Shoppingmall muss rechtzeitig erreicht werden, denn um 12:00 Uhr schließen bereits die Läden wieder. Mich interessiert vor allem das „Ladies Kingdom“ Das ist ein Auswuchs der kranken Moralvorstellungen in diesem Land. Die 3. Etage der Mall ist allein Frauen vorbehalten. An allen Rolltreppen und Lifts wacht ein Mann in Uniform darüber, dass kein Vertreter des männlichen Geschlechts diese Etage betritt. Dort oben ist offiziell eine Abaya freie Zone, in der sich die Frauen frei bewegen, sprich in edlen Geschäften für teuer Geld shoppen können. Es gibt extra einen Abaya check in, teure Cafes und Beautysalons. Das Problem ist nur: die Ladies können sich nicht einmal hier von Abaya und Schleier lösen.

Auch der Rest der Mall ist geprägt von teuren, edlen Geschäften. Das Ambiente ist sehr schön.

Die Mittagszeit verbringen wir wie geplant im historischen Riyadh, Di’iyah, außerhalb der Stadt. Dieser Ort gilt als Wiege des Königreiches. Die Ruinen und zum Teil restaurierten Paläste haben einen beeindruckenden, morbiden Charme.

Der arabische Lebensrhythmus führt uns zurück zum Compound. So können die Kinder noch etwas die Freizeiteinrichtungen nutzen und ich wieder einmal die vielen Fotos sichern.

Eine Fahrt auf den Failsal Tower am Abend gönnen wir uns noch. Ebenso, wie beim Kingdom Tower, wird man bereits beim Einfahren in das Parkhaus gründlich kontrolliert.

Ein endloses Lichtermeer umgibt den Tower. Am Horizont kann man noch die soeben versunkene Sonne erahnen und der benachbarte Kingdom Tower wird im Wechsel grün und blau illuminiert.

Zum Abendessen sind wir heute bei einer saudischen Familie eingeladen. Wir freuen uns über die Gelegenheit, endlich einmal echte Saudis kennen zu lernen und so einen kleinen Einblick in ihr Leben gewinnen zu können. Nach all den unangenehmen Erfahrungen in diesem Land wird es auch endlich Zeit, einmal netten Saudis zu begegnen.

Gestärkt von dem guten Essen wagen wir uns noch einmal in die Innenstadt. Die große Moschee mit dem As Sa’ah Square (makaberer Weise auch Chop Chop Square genannt) wollen wir uns noch ansehen. Hier finden üblicherweise die Hinrichtungen statt.  Die Suche danach stellt die ganze Familie auf eine echte Belastungsprobe. Straßennamen, wie Al Amir Abdullah Ibn Abdul Aziz Road, Al Amir Muhammad Ibn Abdul Aziz Road, Al Amir Abdul Aziz Ibn Musa’id Ibn JalawiRoad oder Al Imam Saud Ibn Abdul Ibn Aziz Ibn Muhammad Road machen die Suche nach dem Weg nicht gerade einfach. Dazu kommt, dass viele Schilder, wenn es überhaupt welche gibt, nur in arabischer Schrift sind.

Schließlich erreichen wir unser Ziel. Der große Platz vor der Zentralen Moschee ist belebt. Familien flanieren oder Rasten auf einer der Bänke. Kinder fahren Fahrrad. Nichts weist auf die grausamen Ereignisse hin,   die hier immer wieder ihren Raum finden. Ich gehe ohne Kopftuch – ich will es wissen. Jeder behauptet, dass Riyadh nur so wimmelt vor Mutawas – schließlich haben sie direkt neben der Moschee ihren Hauptsitz. Aber das berühmte „Sister, please cover your hair!“ bleibt aus. Weder hier, noch im benachbarten Souq treffen wir einen der Religionspolizisten. Sind sie vielleicht nur Legende? Leider nicht, eher hatte ich bisher nur Glück, keinem in   die Arme zu laufen.

 

1000 Kilometer sind wieder zurück zu legen. Diesmal können wir unterwegs wenigstens ganz   legal eine Brotzeit machen und auch Lebensmittel einkaufen.

Nach etwa 300 Km gibt es eine unerwünschte Abwechslung. Der linke Hintereifen verliert lautstark seine Lauffläche und reißt dabei noch einiges von dem Seitenschutz und das Rücklicht mit. Nun ist Teamarbeit angesagt. Wir wissen es zu schätzen, dass das Reserverad außen am Auto angebracht ist.

Nun bleibt zu hoffen, dass die restlichen Reifen durchhalten.

Dank Volkers Durchhaltevermögen und ein paar Dosen Cola schaffen wir es noch vor Sonnenuntergang Taif zu erreichen. Über der Stadt brauen sich Wolken zusammen und bieten ein faszinierendes Bild. Es wird neblig und hat gerade mal noch 15°C. Trotzdem lassen sich die Leute nicht davon abhalten, ihr Wochenend-Picknick entlang der Straße zu halten.

Die Fahrt hinunter ins Tal ist anstrengend und gefährlich. Mittlerweile ist es ziemlich dunkel und der Wochenendverkehr ist einfach verrückt. Trotz schlechter Sicht und endlosem Gegenverkehr überholen immer wieder Autos an den unmöglichsten Stellen. Natürlich zehren 900 gefahrene Kilometer auch am Fahrer. Es macht mich wieder einmal wütend, dass wir uns von diesem bescheuerten Fahrverbot so knechten   lassen. Auf der Schikanestrecke um Mekka (70km auf schlechter Straße um die Stadt herum) übernehme ich dann doch das Steuer. Es ist nicht zu verantworten, Volker weiter fahren zu lassen. So rücksichtslos, wie sonst auch im Verkehr gehen die Fahrer hier auch mit ihrem   Fernlicht um. Es geht immer nur darum, dass ich selber etwas sehe. Wie es dem Entgegenkommenden dabei geht ist egal. Alles, was das Auto her gibt (Nebelscheinwerfer, Fernlicht) wird genutzt. Rechtzeitig vor dem Kontrollposten ist natürlich wieder Fahrerwechsel.

Bei unserer Ankunft zuhause ist es zwar gerade erst 19:30 Uhr, aber bereits dunkle Nacht. Schließlich ist es Ende November.

 

 

November 2004

 
     
 
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