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Das Leben in Saudi-Arabien |
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Das Einkaufen hier ist äußerst mühsam. Mal abgesehen davon, dass man hier alles nur mit dem Auto erreicht, was bei dem chaotischen Fahrverhalten der Saudis zuweilen recht abenteuerlich ist, braucht alles unheimlich viel Zeit. Zwischen 13:00 und 16:00 Uhr ist in der ganzen Stadt alles dicht. Danach beginnt der Wettlauf mit den Gebetszeiten, die sich gegen Abend häufen. Während der Gebetszeiten werden die Läden entweder ganz geschlossen (für ca. 15 - 30 Minuten), oder in größeren Läden werden die Lichter ausgeschaltet und man wird nicht mehr bedient - dumm, wenn man gerade an der Kasse ansteht.
Verglichen mit anderen arabischen Ländern erscheint das Stadtbild recht ordentlich und sauber. Der Zustand der Fahrbahnen ist dagegen katastrophal, und wir können froh sein, dass wir mit einem Geländewagen ausgestattet sind. Gehwege sind eher eine Seltenheit – sie werden ohnehin so gut wie nicht benutzt. Abends kann man an manchen Ecken schwarz verhüllte Frauen beim Walken und Männer beim Joggen sehen. Es scheint sich auch hier bei einigen Leuten herumgesprochen zu haben, dass ein gewisses Maß an Bewegung dem Körper doch zuträglich ist. Die breite Masse der Menschen hier bewegt sich allerdings maximal vom Wohnzimmer zum Auto, um direkt vor der Tür der Shoppingmall oder des Restaurants auszusteigen. Viele ältere Frauen und auch Männer sind sehr dick und können nur mit Mühe laufen. Die riesigen Straßen münden immer wieder in Verkehrskreisel, deren Mitte jeweils durch ein Kunstwerk oder ein ausgedientes Flugzeug geziert wird. Damit kann man sich ganz gut orientieren. Adressen mit Straße und Hausnummer sind auch eher unüblich. Stattdessen heißt es dann z.B. "nahe dem Fahrradkreisel", oder "gegenüber dem International Market".
Das Wasser kommt von einer riesigen Meerwasser-Entsalzungsanlage. Es gibt aber kein Leitungssystem für das Trinkwasser. Jedes Haus hat einen großen Tank, der täglich von einem der unzähligen Tanklastern befüllt wird. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie diese Wasserlaster das Straßenbild in der Stadt dominieren. Die fahren Tag und Nacht. Man sollte meinen, dass durch die Aufbereitung des Meerwassers kein Mangel besteht – so verhalten sich die Menschen hier auch. Dennoch übersteigt vor allem in den Sommermonaten der Bedarf bei weitem die Kapazität der Entsalzungsanlagen. Das führt zu einem blühenden Schwarzmarkt für Frischwasser. Die zweite Variante von Tanklastern im Straßenbild sind die Abwasserlaster. Ebenso wie die Frischwasserversorgung geschieht auch die Abwasserentsorgung über Tanklaster. Die holen die Stinkebrühe an jedem einzelnen Haus ab und fahren sie 25 Kilometer außerhalb der Stadt zur „Dumpingstation“. Das ist nichts anderes, als ein riesiger See, in den das Abwasser abgelassen wird. Von Weitem sieht die Landschaft recht idyllisch aus und bietet ein Paradies für Vögel. Man sollte jedoch beim Näher kommen alle Luken am Auto fest verschließen. Der Müll wird überhaupt nicht getrennt. Als geübten Mülltrenner blutet einem schon das Herz, wenn man Papier, Plastik, Dosen, Glas, Bio,… zusammen in eine große Tonne schmeißt, die täglich geleert wird. Abgeladen wird der Abfall, wenn es gut geht, auf einer großen Müllkippe am Rande der Stadt. Allzu viel Müll landet allerdings auch irgendwo in der Wüste und wird dann vom Wind über das ganze Land verteilt. Dementsprechend sieht es an vielen Stellen in der „Natur“ aus. Nach einem Picknick nimmt man seinen Abfall auch nicht mit – er würde die Hände und das Auto beschmutzen. Müll anzufassen ist für einen Araber unter seiner Würde. Dafür hat man eine Maid, oder einen Inder, Bangladeschi, Pakistani, … Häufiger frequentierte Picknickplätze gleichen daher in der Regel eher einer Müllhalte.
Es ist unglaublich, wie viele Geschäfte es hier gibt. Alle nur denkbaren Modefirmen und Ladenketten sind hier mehrfach vertreten. Man fragt sich schon, wer all die Klamotten jemals kaufen soll. Ständig werden neue Shoppingmalls in der Stadt gebaut, fast immer mit einem Amusement-Park für Kinder und einem „ Foodcord“, also einer Fressecke. Shoppen alleine reicht den Saudis bei weitem nicht aus. Häufig sieht man die Saudimuttis durch die teuren Läden ziehen, gefolgt von der Maid, die dir Einkäufe tragen muss. Nach dem Einkauf wird per Handy der Fahrer gerufen, der auch sofort vor der klimatisierten Shopping-Mall vor fährt. Nur durch die Läden, da müssen die Ladies schon selbst laufen. Selbst in großen und sehr westlich geprägten Läden gibt es für Damen meist keine Möglichkeit zur Anprobe. Hosen, Röcke, etc. kauft Frau gleich massenweise, probiert sie zuhause an und bringt zurück, was nicht passt. Für Männer dagegen gibt es in den meisten Läden eine Anprobe-Kabine. Verkäufer, oder manchmal auch uniformierte Männer achten jedoch sorgfältig darauf, dass diese Kabinen nicht doch einmal von einer Frau missbraucht werden. Einmal habe ich es doch gewagt – in Begleitung meines Mannes – am uniformierten Wachposten vorbei eine Anprobe für mich zu nutzen. Heftiges Klopfen an die Tür und böse Beschimpfungen folgten, mehr aber auch nicht. Ich wusste wenigstens, ob mir die Hosen passen oder nicht. Es gibt auch Läden, die für Ladies only sind. In einem solchen habe ich mich nach einer neuen Abaya umgeschaut. Dort bedient dann eine Frau. Man ist unter sich und kann sich folglich auch zeigen. Das Angebot an Abayas ist beachtlich. Es ist unglaublich, was alles unternommen wir, um den schwarzen Kohlesack irgendwie modisch und individuell zu gestalten. Knitterlook, div. absolut kitschige Stickereien, nutzlose Reisverschlüsse über das gesamte Stück verteilt, Pailletten, Knöpfe, ....
Unter Verkäufern findet man nur in feineren Läden Saudis, ansonsten wird der Handel von Indern, Pakistanis, Ägyptern, Syrern, Philippinos, usw. betrieben. Im Hintergrund steht jeweils ein Saudi, der die Einkünfte kassiert und spärliche Gehälter zahlt. Das Einkaufen der Lebensmittel erledigen für die reichen Saudis in der Regel die Maid und der Fahrer. Die weniger betuchten Familien sieht man dagegen mit voll beladenen Einkaufswagen gefolgt von einer ganzen Reihe an unerzogenen Kindern durch die Gänge der Supermärkte ziehen. Ähnlich wie in Amerika kauft man hier alles in großen Mengen ein – vor allem Zucker, das Grundnahrungsmittel.
Meinen Lieblingsort zum Einkaufen ist der Altstadtmarkt(Al Balad). Durch Gässchen zwischen alten, aus Korallenstein gebauten Häusern, ziehen sich zahllose kleine Läden und Stände. Händler bieten ihre Ware feil und beim Handeln kommt man noch das ein oder andere Mal ins Gespräch. Meistgestellte Frage: „ Where are you from?“ Das Ansehen steigt meist immens, wenn der Gesprächspartner erfährt, dass man aus Deutschland kommt. Die Meinung gegenüber den Deutschen ist hier nach wie vor sehr hoch. In den Abendstunden, wenn der Mond über den alten Häusern erscheint und der Muezzin zum Gebet ruft, kann man sich ganz wie in Tausend und einer Nacht fühlen.
Ein Problem, dass es zwar eigentlich nicht geben sollte, weil man angeblich konsequent dagegen vorgeht, sind die Auto fahrenden Kinder. 10% der Verkehrsunfälle werden laut Zeitung von Kindern (ab 12 Jahren) verursacht, die ohne Fahrerlaubnis Auto fahren. Offiziell darf man auch hier ab 18 Jahren fahren. Wenn man erlebt hat, wie es hier im Verkehr zugeht, kann man sich die Gefahr gut vorstellen. Fahrspuren werden hier prinzipiell nicht beachtet. Es ist keine Seltenheit, dass jemand von der ganz rechten Spur links abbiegt – und umgekehrt. Die Hupe ist generell wichtiger, als die Bremse und Blinker benutzen nur Weicheier. Sobald sich eine Lücke im Verkehr findet, die annähernd die Breite des eigenen Autos haben könnte, zwängt man sich da durch. Auch wenn man hier in der Regel überall viel Zeit hat; im Verkehr hat man es immer sehr eilig.
Wenn man als Frau in Begleitung seines Ehemannes einkaufen geht, sollte man – auch als westliche Frau – nicht erwarten, dass man von einem Verkäufer begrüßt wird, oder er sich auf ein Verkaufsgespräch einlässt. Der Ansprechpartner bleibt für ihn dann immer der Mann – selbst, wenn sie einen BH kaufen wollen. Hin und wieder habe ich Verkäufer deutlich aufgefordert, mich bitte anzuhören und mir zu antworten. Das hat sie natürlich irritiert, aber letztendlich ist auch hier der Kunde / die Kundin König und der Ehemann steht ja wachend daneben. Es kommt häufig vor, dass ein Verkäufer beim Betreten des Ladens meinem Mann die Hand reicht und ihn freundlich begrüßt und mich nicht beachtet. Das mutet uns äußerst unhöflich, ja verachtend an, ist aber hier sittenrechtlich so üblich. Dennoch fühlt man sich herabgewürdigt – ich zumindest.
Das Leben als Nicht-Moslem in einem Land, in dem jeder Staatsbürger per Gesetzt Moslem ist und andere Religionen verboten sind, ist nicht immer ganz einfach. Offene Anfeindungen erlebt man zwar eigentlich nie, aber Unverständnis und Ausgrenzung dagegen sehr häufig. Die meisten Leute, denen man begegnet, können es schlicht und ergreifend nicht verstehen, dass wir keine Moslems sind. Sie kennen nichts anderes und sind durch Erziehung und Bildung so stark in ihrer Religion verhaftet, dass sie sich nicht vorstellen können, dass man einen anderen Glauben leben könnte. Noch weniger Verständnis erntet man hingegen, wenn man sich als Atheist outet. Dass man gar nicht an einen Gott glaubt ist für die Menschen hier unvorstellbar. So empfiehlt es sich auch immer auf dem Einreiseformular eine der großen Religionen als Bekenntnis zu nennen, auch wenn man keiner Glaubensgemeinschaft angehört. Das erleichtert die Einreise unter Umständen. Moscheen dürfen wir „Ungläubige“ niemals betreten (auch nicht die Männer). In großen Buchhandlungen kann man gelegentlich einen englischsprachigen Hinweis an dem Regal mit den arabischen Koran-Ausgaben lesen, dass es Nichtmoslems nicht erlaubt ist, das heilige Buch zu berühren. Es würde damit entweiht. Übersetzungen des Korans in andere Sprachen sind davon nicht betroffen, denn der Koran gilt nur in arabischer Sprache als heiliges Buch. Die Städte Mekka und Medina dürfen wir als Nicht-Moslems gar nicht betreten. Das betrifft nicht nur die heiligen Stätten, sonder die gesamte Stadt im weiten Umkreis. Wir würden die Stadt wohl entweihen oder verseuchen. Um Mekka führt eine weitläufige Umgehungsstraße für alle Nicht-Moslems. Sie ist so angelegt, dass man nicht einmal die Stadt sehen kann. In Medina darf man in die Randbezirke der Stadt, nicht aber in das Stadtzentrum. Unter den 6,1 Mio. legal im Lande lebende Ausländern (nach einer Volkszählung von 2004) gibt es natürlich viele Angehörige anderer Religionen. Dabei dürften die Christen durch die große Zahl an philippinischen Gastarbeitern die größte Gruppe bilden. All diesen Menschen ist die Einfuhr religiöser Schriften ebenso untersagt, wie religiöse Feiern – auch im privaten Rahmen. Ausländische Botschaften holen immer wieder einmal einen Pfarrer ins Land, um wenigstens 2-mal im Jahr ihren Landsleuten den Besuch eines Gottesdienstes zu ermöglichen. Diese Pfarrer reisen natürlich nicht unter ihrer Dienstbezeichnung ein und auch die Gottesdienste dürfen - obwohl in Botschaftsräumen abgehalten – nicht als solche bezeichnet werden.
Unsere erste Einladung bei einer saudischen Familie zum Abendessen hatten wir in Riyadh. Wir freuten uns über die Gelegenheit, endlich einmal echte Saudis kennen zu lernen und so einen kleinen Einblick in ihr Leben gewinnen zu können. Der Empfang war sehr freundlich und ungewöhnlich offen. Anders, wie sonst im Land üblich, begrüßte uns die Dame des Hauses ohne Schleier und Abaya. Dass der Gastgeber und seine Familie obwohl gut religiös sehr weltoffen sind zeigte auch seine Begrüßung, zu der er mir die Hand reichte. Üblicher Weise reichen sich Männer und Frauen hier nicht die Hände und reden nicht direkt miteinander. Gemeinsam saßen wir zunächst bei Kaffee und Datteln, die vom Sohn gereicht wurden, in einem der Wohnräume mit vielen Sofas beieinander. Ich durfte, was sonst nicht üblich ist, in der Männergesellschaft Platz nehmen und mich am Gespräch beteiligen. Bald gesellte sich auch die erwachsene Tochter des Hauses– in Jeans gekleidet – zu uns. Gegessen wurde im Nebenraum, ebenfalls gemeinsam. Dabei sitzt man am Boden, was für uns Westener nicht unbedingt sehr bequem ist. Es wird immer sehr üppig aufgetischt. Spätestens hier wird der Wert der arabischen Kleidung ohne engen Hosenbund deutlich. An Stelle des bei uns üblichen Verdauungsschnapses wird im Anschluss an das Mahl ein Tee serviert. Hierfür darf man sich dann auch auf eines der vielen Sofas setzen. Ich hätte gerne so viele Dinge gefragt, vor allem die Frau des Hauses. Aber die heiklen Fragen haben bei einem solchen Besuch keinen Platz. Das Königshaus, Politik und Religion sind Tabuthemen in diesem Land. Obgleich wir uns sehr wohl über die verschiedenen religiösen Traditionen austauschen konnten. Wie es sich gehört versäumte der Gastgeber auch nicht darauf hinzuweisen, dass seine Religion gut und richtig ist. Da schweigen wir anerkennend. Ein anderes Mal wurden wir in Najran, im Süden des Landes, spontan auf der Straße angesprochen und eingeladen. Hier wurde ganz klar im Haus getrennt. Die Männer saßen im vorderen Teil des Hauses beieinander und bekamen nach der Begrüßung mit Kaffee und Datteln auch alsbald das Essen serviert. Die Frauen saßen im hinteren Teil des Hauses beisammen umgeben von einer Schar Kinder. Hier hatte man länger Zeit zu Gesprächen und der Lektüre arabischer Frauenmagazine, denn das Essen wurde hier erst serviert, nachdem die Männer fertig gegessen hatten. Woher ich den Vergleich habe? Unser 9jähriger Sohn aufgrund wegen seines Alters zwischen den beiden Gesellschaften hin und her pendeln und diente mir so gleichsam als Spion. Interessant und bedrückend zugleich waren für mich die Berichte der jungen Frauen. In dieser kleinen Stadt, ist die Unterdrückung der Frau durch die strengen Gesetze und Traditionen doch noch viel schlimmer, als in der relativ weltoffenen Stadt Jeddah. Die Frauen hier träumen davon, wenigstens einmal in Jeddah zu leben und dort Taxi fahren zu dürfen, oder mit Freundinnen ein Cafe besuchen zu können – Dinge, die ihnen hier verwehrt sind.
Warum wir den Zoo in Riyadh nicht besuchten: Die Öffnungszeiten sprechen für sich: Jeweils vom Asr-Gebet am Nachgmittag dürfen sonntags die Frauen, montags die Männer, dienstags wieder die Frauen, mittwochs wieder die Männer und so weiter… Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein gemeinsamer Familienbesuch nicht möglich ist. Buben über 10 Jahren können nur mit ihrem Vater den Zoo besuchen. Ob die Affenfrauen an den Männertagen wohl Abaya und Schleier tragen?
Neben den anstrengenden und unschönen Dingen in diesem Land, gibt es auch sehr schöne Seiten. Man muss sie nur aufsuchen. Da ist das Rote Meer mit seinem einmaligen Korallenriff in einer halbstündigen Autofahrt zu erreichen. Unter Tauchern gilt es zu den schönsten Tauchplätzen der Welt. Nun, das kann ich nicht beurteilen, aber die Faszination über diese bunt schillernde Welt mit ihren fantastischen Kreaturen hält bei uns allen auch nach vielen Strandbesuchen unvermindert an. Da entfaltet sich im Süden der Stadt hinter Mekka die Bergwelt der Arabischen Halbinsel mit reicher Vegetation und Gipfeln, die über 2000 Meter hinaus reichen. Da das Klima hier auch in der besonders heißen Jahreszeit angenehm kühl bleibt, ist das Asir-Gebirge auch bei den Saudis ein beliebtes Ausflugsziel. Allerdings wird man sie kaum beim Erklimmen eines Felsens, beim Erkunden eines verlassenen Dorfes oder einem Spaziergang antreffen. Saudische Familien halten sich auch auf Reisen immer in der Nähe ihres Autos auf oder vergnügen sich in einem Freizeitpark mit allerhand Fahrgeschäften, Fastfood-Ständen und Picknickhütten.
Und dann ist da die Wüste, die einen auf eine ganz eigene Art und Weise in ihren Bann ziehen kann. Es ist die Stille und Kargheit, die mich faszinieren. Wenn man mit der Vorstellung kommt, hier allerorten von Sanddünen umgeben zu sein, mag man zunächst enttäusch sein. Geröll- und Lavafelder, ausgetrocknete Salzseen, Sanddünen und Berge bestimmen das Bild der Wüste hier, das immer wieder durchbrochen wird durch natürliche Oasen oder künstlich bewässerte Plantagen. Auch wenn man es sich nicht vorstellen kann, es gibt an einigen Stellen Wasser in der Wüste – unterirdisch. Besonders reizvoll sind die Wadis (vertrocknete Flusstäler), die nach der Regenzeit zuweilen mehr oder weniger Wasser führen. Es ist faszinierend, wie dann die Natur plötzlich erwacht und auf einmal bunte Blüten hervorbringt und wie der karge Boden plötzlich von einem feinen grünen Flaum überzogen ist. Das erfreut natürlich vor allem die Beduinen mit ihren Ziegen- und Kamelherden, die durch diese Landschaft ziehen.
Der komplette Lebensrhythmus wird für genau einen Monat im wahrsten Sinne auf den „Kopf“ gestellt – die Nacht wird zum Tag – warum? In diesem Land fastet im Ramadan nicht nur der fromme Moslem, um sich zu läutern – nein das ganze Land tut dies gewissermaßen mit ihm freiwillig oder unfreiwillig, denn das Fasten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ist nicht Privatsache wie das im christlichen Kulturraum zu bestimmten Zeiten der Fall ist. Damit diese geradezu lebensfeindliche Praxis leichter fällt, ist es kurzerhand jeder und jedem verboten während dieser Zeit in der Öffentlichkeit zu essen und zu trinken. Auch auf einem Flug im Land wird nichts serviert, kein Tropfen Wasser, kein Krümel zu essen! Wir fasten alle mit ! – So jedenfalls kam ich mir auf der letzten Dienstreise nach Riyadh und zurück vor. Natürlich wusste ich von dieser (Un-)Sitte und war nicht unvorbereitet – ein kleines Hostentaschen-taugliches Feigengebäck mit dabei, habe ich mich auf Hin- und Rückflug aufs Klo „geschlichen“ und meinen Imbiss dort eingenommen! Gegessen wird - und das nicht sparsam – erst nach Sonnenuntergang. Je weiter vorgerückt der Tag, desto aggressiver (hat man das Gefühl) wird das ohnehin heftige Fahrverhalten auf saudischen Straßen. Natürlich kann das Leben so nicht wirklich funktionieren und deshalb steht man spät auf, geht deutlich später zur Arbeit, um dann früher wieder aufzuhören. Die Schule fängt erst um 9:30 Uhr für die Saudis an, Bürozeiten sind ab 10 Uhr (vorher müssen ja dank Fahrverbot für Frauen die Kids in der Regel vom berufstätigen Vater zur Schule gebracht werden). Manche Büros machen dann nach 21 Uhr bis Mitternacht noch mal auf – verlassen kann man sich allerdings darauf nicht. Die Ladengeschäfte beleben sich erst nach 22 Uhr wieder richtig, bis in die frühen Morgenstunden. Wie gesagt die Nacht wird zum Tag, es geht fast nichts in diesem Land – immer die gleiche (Aus-) Rede „Ramadan“.
Auf der anderen Seite wird die ohnehin schon allgegenwärtige, offensichtliche Religionsausübung noch intensiver – während der gläubige Moslem ansonsten sein Mittagsgebet z.B. in seinem Büro verrichtet, alleine oder in einem Gebetsraum der Firma in Gemeinschaft mit Kollegen und Chef, geht er im Ramadan dazu eigens in eine Moschee – derer gibt es eine unüberschaubare Zahl. Nicht nur welche, die uns gleich als solche ins Auge fallen – es gibt kleine unscheinbare Gebäude, Hütten oder gar Moscheen unter freiem Himmel („Feld-Moscheen“) – fast für jeden auch ohne Fahrzeug zu Fuß zu erreichen (in einem Land das ansonsten noch mehr wie die USA – so scheint es – auf das Auto setzt, ohne das man hier wirklich nicht auskommt – wiederum sehr erstaunlich!) . Erkennungszeichen einer jeder Moschee: ein Turm mit Halbmond und Lautsprecher aus dem der Muezzin sich bemerkbar macht – und zwar anstelle des uns gewohnten Glockenläuten. In der Regel befinden sich in Hörweite mehr wie eine Moschee, ein Mix von Klängen gehört deshalb zur Tagesordnung. Im Ramadan wird das dann teilweise heftig, denn es wird in den vier Wochen über Lautsprecher der komplette Koran vorgelesen. Wenn man es die ersten Tage/Wochen etwas zu langsam hat angehen lassen, dann bleibt so viel Lesestoff, dass jeden Tag länger gelesen wird. Man hat oft das Gefühl den ganzen Tag lang!
Der Ramadan stellt in diesem Kulturkreis so etwas Ähnliches wie die Adventszeit bei uns dar. Es wird viel mit Lampen ausgeschmückt, es gibt besondere Warenangebote, etc. Am Ende der Fastenzeit ist dann einige Tage lang großes Essen angesagt, Eat-Ferien sagen wir hier dazu, die Familien werden im ganzen Land besucht, man macht sich Geschenke wie bei uns an Weihnachten – es sind Schulferien. |
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